In diesem Artikel möchte ich das Geburtstrauma aus ganzheitlicher Perspektive betrachten. Für viele Menschen ist die Geburt vermutlich das dramatischste Ereignis ihres gesamten Lebens. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass sich dort verborgene Traumen verbergen, da der ganze Prozess in das Unbewusste verlagert wurde. Dennoch kann hier die Ursache für pathologische Prägungen und Blockaden liegen, auf die herkömmliche Verfahren oftmals keinen Zugriff haben.
Auch dieser Beitrag gehört zu der Artikelserie, die umschreibt, wie man mit ganzheitlichen Verfahren wie der CranioSacral-Therapie, dem Holotropen Atmen oder auch mit Homöopathie auf transpersonale Ebenen zugreifen kann. Folglich geht es darum, verdeckte Traumen zu entwerten. Das Geburtstrauma ist dabei ein verbreitetes Phänomen.
Die Erfahrung eines Geburtstraumas
Geburtstrauma in der Therapiepraxis
Es ist immer ein kleines Wunder, in das Erfahrungsfeld eines Klienten einzutreten zu dürfen. Ich darf es als ein Privileg betrachten, dabei sein zu dürfen, zu beobachten und mitzuerleben, welche Prozesse sich eröffnen und dabei sanft zu folgen und bei Bedarf Unterstützung zu geben. Jedoch ist es auch eine Herausforderung, sich non-direktiv zu verhalten. Oft am Rande der Resistenz zu verharren, abwartend, mitgehend und in voller Fokussierung präsent zu sein. Das alles zu meistern, ungeachtet dessen, was bei meinem Klienten an die Oberfläche kommen möchte.
Die unverarbeiteten Erfahrungen, die in meiner Praxis sehr oft an die Oberfläche kommen, sind Geburtstrauma, die sich in bestimmten Mustern manifestieren.
Holotropes Paradigma
Die innere Einstellung des „The Beginner’s Mind“ war mir immer wieder eine grosse Hilfe in meinen CranioSacral-Sitzungen. Diese Herangehensweise stammt nicht nur aus dem holotropen Paradigma. Dabei geht es darum, mit dem Verstand eines Anfängers unvoreingenommen dem Klienten gegenüberzutreten. Aus eigenen Beobachtungen habe ich festgestellt, dass auch das erweiterte Wissen des Therapeuten über die verschiedenen Kategorien der Erfahrungen eine wesentliche Rolle spielt. Dabei erleichtert dieses Wissen es dem Klienten, sich während der Sitzung in tiefere Bewusstseinsebenen zu wagen. Das ist der Bereich der Psyche, wo sich oft ein Geburtstrauma verorten lässt.
Ich unterscheide dabei primär zwischen biografischer, perinataler oder transpersonaler Bewusstseinsebene. Während meiner bescheidenen Praxis durfte ich erkennen, dass die detaillierte Kenntnis über die perinatalen Phasen, respektive der Matrizen nach Grof, der CranioSacral Sitzung erheblichen Mehrwert beisteuern kann.
Die Erfahrung eines Geburtstraumas
Unterbewusste Fixierung durch Geburtstrauma
Ein Geburtstrauma kann sich durch unterschiedlichste Erfahrungen in die Psyche einbrennen. Es kann beispielsweise sein, dass durch die Verabreichung einer Narkose an die Mutter (und damit auch an den Fötus) das Erlebnis und das Bewusstsein des Fötus, während dieses Geburtszyklus signifikant beeinflusst werden kann. Daraus kann eine Persönlichkeitsstruktur erwachsen, die in bestimmten Lebenslagen unterbewusst fixiert ist. Nehmen wir zum Beispiel eine schwierige II. Matrix-Erfahrung. Solch ein Trauma kann sich durch Lebensmuster von Depression und Viktimisierung, Opferdasein als Spätfolge ausdrücken.
Eine schwierige III. Matrix-Erfahrung kann folglich durch wiederkehrende Lebensereignisse gekennzeichnet sein, in denen es um Kampf und Aggression geht. Oder betrachten wir eine schwierige IV. Matrix-Erfahrung: Sie kann sich durch Probleme mit Leistung und Erfolg manifestieren. Starke Schmerzen oder vorausgehende Traumata können auch das Erfahrungsfeld sämtlicher Prozesse in allen möglichen Stadien einfärben. Daraus ergeben sich ganz spezifische Blockaden.
System der verdichteten Erfahrungen
Grof prägte den Ausdruck, „das System der verdichteten Erfahrungen“ (System of Condensed Experiences, das sogenannte COEX-System), um die Verbindung zwischen bestimmten Geburtstraumata, des späteren Lebenstraumata und sogar des transpersonalen Traumen ziehen zu können.
Spezifische Themen scheinen tief miteinander vernetzt zu sein. Möglicherweise wiederholen sich bestimmte Erfahrungen in ähnlicher Form in einem unbewussten Versuch der Person, das ursprüngliche Trauma ins Bewusstsein und zur Vollendung zu bringen. Grof bezeichnet dies als einen „Healing impulse“ – einen Impuls zur Heilung. Andere Therapieformen sprechen auch vom Impuls der Wiederholung, um das Ur-Trauma innerhalb der modifizierten Reinszenierung zu entwerten bzw. zu neutralisieren.
Persönliche Erfahrung
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus finde ich es immer wieder brillant und absolut faszinierend, die Wechselwirkung zwischen Geburt und den unbewussten Handlungsmustern erkennen zu dürfen. Für mich persönlich zeigt sich eine klare Kausalität in meiner eigenen Geburt. Darauf werde ich gleich noch kommen. Grofs Modell zeigt sich auch immer wieder kohärent am Beispiel meiner Klienten und wie ihre individuellen Geburtserfahrungen die Vorlagen für ihre späteren Verhaltensmuster bilden.
Unsere Geburtserfahrungen sind unsere Blaupause, die wir offenbar zumeist unbewusst als Prämisse betrachten, wenn wir in unserem Leben erneut auf grosse Veränderungen oder Herausforderungen stossen. Dies bedeutet, dass wir, wenn wir in unserem Leben ein bedeutendes Umbruchereignis erfahren, unbewusst und spontan zu denselben Mustern zurückgreifen, denen wir uns bei der Geburt bedient haben.
Stanislav Grof
Zwei signifikante Trauma
In dem Kontext kann ich auch von meinen eigenen Erfahrungen sprechen. Ich hatte eine relativ normale Geburt, und dennoch ereigneten sich mindestens zwei Situationen, die mich geprägt und in meinem späteren Leben beeinflusst haben. Dazu möchte ich eine kurze Beschreibung der ersten bedeutsamen Situation geben: Da ich die Zweitgeborene bin, wusste meine Mutter schon vorab, was sie erwarten konnte. Wovor sie am meisten Angst hatte, war ein Dammriss. Zudem ist es bei der Geburt meines Bruders in einer starken Ausprägung gekommen. Folgen waren starke Schmerzen und gravierende Probleme nach der Geburt.
Aufgrund ihrer negativen Vorkonditionierung wurde ich in der letzten Phase meiner Geburt von meiner Mutter in gewisser Weise in meinem Voranschreiten ausgebremst und aufgehalten, aus ihrer Angst heraus, dass auch mein Köpfchen sie verletzen könnte. Ihre Angst wurde die meinige, denn ich spürte ihre Befürchtungen.
Geburtstrauma schafft psychologische Prägung
So ein Geburtstrauma durch die frühe subtile Unterdrückung gekoppelt mit der Verantwortung für die Schmerzen der Mutter hatte sich im späteren Leben in bestimmten Mustern offenbart. Immer wenn es um das Beenden eines Projektes, um wichtige Veränderung oder Entscheidung ging, musste ich erkennen, wie ich mich kurz vor dem Ziel unbewusst selbst zu bremsen begann. Zudem herrschte in mir das abstrakte Gefühl bzw. die Befürchtung, jemanden mit meiner Aktion verletzen zu können. Wobei ich auch wusste, dass ich einfach weiter machen soll. Aufgrund des inneren Konflikts, ging es sogar so weit, dass ich manchmal krank wurde und mich nicht mehr bewegen konnte.
Auch wenn sich dieses Geburtstrauma heute noch immer aktivieren kann, so durfte ich über die Erkenntnis dieser Erfahrung die unterbewusste Programmierung transzendieren. Es ist eine Art der Bewusstwerdung. Diese Erkenntnis erlaubt es mir, mich klar zu entscheiden, mit meiner eigenen Geschwindigkeit weiter voranzuschreiten und mich nicht aufhalten zu lassen. Ich mag vielleicht noch immer mit (zu) viel Rücksicht agieren, ich muss dabei jedoch keine Angst mehr haben, andere zu verletzen.
Individuelle Geburtsmuster erkennen
Es gibt viele solche Geburtsmuster. Wenn möglich, hilft es, mit der Mutter und anderen Personen zu sprechen, die die spezifischen Umstände der Geburt kennen. Was man jedoch wirklich wissen muss, taucht jedoch zumeist im Laufe der Zeit auf, wenn man kontinuierlich in erweiterten bzw. transpersonalen Bewusstseinszuständen arbeitet.
In erweiterten Bewusstseinszuständen, wie sie auch beim CST erfahrbar werden, kann der gesamte COEX–Komplex mit den verknüpften Ereignissen, Emotionen und Empfindungen rückblickend überprüft, neu erlebt und schlussendlich entwertet werden. Erst wenn das Trauma neutralisiert werden konnte, besteht kein Bedarf mehr, die Erfahrung zu wiederholen – ganz so, wie ich es im Rahmen meiner eigenen Geburtserfahrung erleben durfte.
Traumatische Geburt Entwerten
Geburtstrauma entwerten
Um ein Geburtstrauma zu neutralisieren, — wir sprechen hierbei auch von Entwertung — benutze ich verschiedene Techniken. Das Holotrope Atmen ist meiner Erfahrung nach die effektivste Technik, um solche Prägungen an die Oberfläche zu bringen. Stanislav Grof hat nicht ohne Grund die Geburtsmatrizen so detailliert dokumentieren können, wäre es nicht ein ständiges Phänomen beim Holotropen Atmen. Jedoch ist auch die CranioSacral-Therapie ein sanfter Ansatz, solche Geburtstraumata zu erfassen und zu bearbeiten.
Ist das Geburtstrauma erst einmal identifiziert, dann kann auch Homöopathie ein potentes Werkzeug sein, die Erfahrung zu entwerten. Insbesondere die Kreative Homöopathie nach Antonie Peppler bietet dazu sehr effektive Komplexmittel, die den Prozess signifikant beschleunigen können.
Themenrelevante Fragen
- Was sind erweiterte Bewusstseinszustände?
- Wo finde ich Beratung zu ganzheitlichen Verfahren?
- Was ist CranioSacral-Therapie?
- Wie kann ich mich homöopathisch behandeln lassen?
- Kann ich ein Geburtstrauma holistisch behandeln?
- Was ist Holotropes Atmen und wo kann ich es machen?
- Was sind transpersonale Dimensionen des Bewusstseins?
- Wer hat diesen Artikel geschrieben?
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