Mit diesem Artikel möchte ich das Thema der perinatalen Matrizen nach Grof angehen. Genau wie in der CranioSacral-Therapie, so kommen auch bei der Anwendung der Technik des Holotropen Atmens bestimmte unterdrückte Traumata an die Oberfläche, wobei das Geburtstrauma das häufigste Phänomen darstellt. Der Begründer des holotropen Paradigmas, Stanislav Grof, konnte dabei vier distinktive Phasen determinieren, mit charakteristischen Mustern.
Das Wissen um die individuelle Abhandlung der einzelnen perinatalen Matrizen kann uns in der Therapie helfen, die Qualität des Traumas besser zu bestimmen. Daraus können die resultierenden Prägungen abgeleitet werden. Jeder unvollendete oder negativ bewertete Lebensprozess bindet und verbraucht Potenziale und Energie. Eine therapeutische Aufarbeitung von diesen Lebensprozessen ist von grosser Wichtigkeit, wenn es darum geht, den Wachstums- und Individualisierungsprozess des Menschen zu unterstützen.
In meiner Artikelserie, zu der dieser Beitrag gehört, widme ich mich holistisch dem Thema der Traumabehandlung durch bewusst induzierter erweiterter Bewusstseinszustände und vergleiche dabei die CranioSacral-Therapie mit dem Holotropen Atmen. In diesem Kontext sind die perinatalen Matrizen von signifikanter Bedeutung. Sie können dort aufsteigen, wo man unter die Oberfläche in die Tiefen des Unbewussten eintaucht.
Die Perinatalen Matrizen
Die freudsche Sicht
In der traditionellen Psychiatrie ist die Kartografie der Psyche limitiert auf das postnatale Geschehen. Sigmund Freud sagte, dass das Neugeborene eine Tabula rasa ist, also ein unbeschriebenes Blatt. Es gibt nichts von Interesse für den Therapeuten, das vor der Geburt war, inklusive der Geburt selbst. Eigenartigerweise wird die Geburt an sich in der gegenwärtigen Psychiatrie nicht als Psychotrauma betrachtet. Dabei werden die gleich darauf folgende Erfahrungen während des Stillens als tiefgehend einflussreich angesehen – für den Rest unseres Lebens.
Somit werden wir gebeten zu glauben, dass die Erfahrung der Geburt für die Psyche von keinem Wert ist, obwohl sie als eine potenziell lebensbedrohliche und stark herausfordernde Situation verlaufen und erfahren werden kann.
Die Geburt im gynäkologischem Sinne
Die Geburt im gynäkologischen Sinne kann unterschiedlich lang von 45 Minuten, 2, 15, 40 Stunden, oder sogar 3 Tage andauern. Im dramatischsten Fall, kann das Kind im Geburtskanal sogar sterben, und muss wiederbelebt werden. Dass das Kind nichts bemerkt, dass irgendetwas Eigenartiges geschieht, ist der momentane Stand der Psychologie. Es soll davon keine Aufzeichnung im Gedächtnis stattfinden.
Nach der Geburt wird das Kind, je nach Massgabe des Arztes, sofort oder auch erst später an die weibliche Brust gelegt. Diese Situation kann entweder demnach befriedigend oder nicht befriedigend verlaufen, angesichts der Tatsache, dass diese frühkindliche Bindungserfahrung das Leben tiefgreifend beeinflussen kann.
Unbestritten spielt die Zeit sofort nach der Geburt, das immer mehr angewandte „skin on skin bonding“ und die Stillzeiten eine wichtige Rolle. Die Erfahrung der Geburt selbst spielt bisher bestenfalls eine Nebenrolle. Daher plädiere nicht nur ich, dass die Betonung in der Therapie nicht nur auf die postnatale Periode gelegt werden sollte.
Die Geburt nach Stanislav Grof
Durch eigene Erfahrungen und das Wiedererleben verschiedenen Geburtsphasen habe ich Grofs Modell mehr und mehr verstanden. Demnach auch erkannt, warum er anhand seiner Beobachtungen, die klassische Kartographie der menschlichen Psyche um diesen „perinatalen Abdruck“ erweitert hat.
Wir tragen in uns nicht nur die Erinnerungen an die Erlebnisse nach der Geburt, und das individuelle Freudsche Unbewusste. Sondern wir tragen in uns auch den mächtigen Abdruck „imprint“ des pränatalen, perinatalen und postnatalen Prozesses. Also den Ablauf vor, während und um die Geburt herum.
Die Geburt an sich kann nicht nur einen nicht abgeschlossenen biologischen Prozess darstellen, sondern auch das primäre traumatische Erlebnis des Menschen in seinem Leben überhaupt sein.
Stanislav Grof
Die Matrizen der Geburt
Transformative Prozesse
Um auf eine neue Erfahrungsebene zu kommen und neue Dimensionen zu erreichen, mag Resistenzen mit sich bringen. Die transformativen Prozesse, Wachstum, Erweiterung, sowie auch Heilungsprozesse, können auch mit unangenehmen, leidvollen und schmerzhaften Gefühlen verbunden sein. So wie ein Fötus es zu erleben vermag. Im Normalfall hat er genügend Raum im Bauch der Mutter, schwebt schwerelos im Fruchtwasser und wird genährt. Folglich wächst er und wird immer grösser. Irgendwann ist er so gross, dass er eingeschränkt im weiteren Wachstum ist. Dann wird es zunehmend unangenehm.
Es entsteht ein Zwiespalt: die Sicherheit des Bauches, versus die Enge des Uterus, es entsteht ein Leidensdruck. Um den weiteren natürlichen Prozess des Wachstums, der Expansion, zu folgen, muss sich etwas verändern. Diesen Transformationszyklus machen wir das ganze Leben hindurch, immer wieder. Wenn wir nicht steckenbleiben, bewegen wir uns immer weiter. Wobei bei Grof, auch das „Steckenbleiben“ zum Zyklus gehört. Er hat diesen Geburtszyklus und alles, was damit verbunden ist, als einen Prozess mit vier distinktiven Phasen beschrieben und in die sogenannte perinatalen Matrizen eingeteilt.
Geburt als Trauma
Die Bedeutung solcher Erlebnisse übersteigt bei weitem die der gewöhnlichen psychischen Traumata. Die Emotionen und Körperempfindungen, die aus Situationen resultieren, in denen das Überleben oder die Unversehrtheit des Organismus bedroht waren, scheinen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung verschiedener psychopathologischer Formen zu spielen, ein Umstand, der bisher von der akademischen Wissenschaft nicht erkannt wurde.
Regression von Geburtsprozessen
Wenn Menschen eine Regression vom Geburtsprozess erleben, so erfahren sie diesen in bestimmten Erlebniscluster. Erlebniscluster sind zusammenhängende Erlebnisse von verschiedenen Erfahrungen der gleichen Qualität. Ausserdem sind die verschiedenen Phasen nicht alle gleich stark ausgeprägt.
Die Geburtsphase, die möglicherweise, wie auch Upledger beobachtet hat, nicht natürlich, geplant oder vorbestimmt ablief, kann einen viel intensiveren Abdruck auf unsere Psyche hinterlassen, als jene, die „organisch“ verlief.
Nach mehrfachen Beobachtungen tausender von „Wiedergeburten“ wurde festgestellt, dass jeder dieser Cluster charakterisiert ist durch spezifische Emotionen und spezifische psychosomatische Erfahrung. Jede dieser Phasen hat ihre charakteristische symbolische Sprache, die aus dem kollektiven Unterbewusstsein entkommt, so Grof.
Somit meint er weiter, dass bestimmte Muster, die uns prägen, mit der Geburt zusammenhängen und bei uns allen mehr oder weniger die gleichen Erlebnisqualitäten und psychodynamischen Steuerungssysteme der Psyche im späteren Leben darstellen. Diese tauchen zyklisch in verschiedenen Lebenssituationen auf.
Weiterführung der Matrizen
Zusammenfassung
Ich hoffe, dass ich mit dieser Einführung deutlich machen konnte, dass die Geburt ein Trauma darstellen kann, was das ganze Leben eines Menschen bestimmen kann. In der ganzheitlichen Therapie stehen uns verschiedene potente Werkzeuge zur Verfügung, diese Erfahrungen emotional zu entwerten und dadurch die psychischen Konsequenzen zu neutralisieren.
Diese Absicht kann in der klassischen Psychotherapie ein langwieriges und quälendes Unterfangen sein, aber mit der CranioSacral-Therapie und dem Holotropen Atmen in Kombination kann der Prozess enorm beschleunigt werden. Auch zeigt meine Erfahrung, dass die Homöopathie diesen Vorgang sanft unterstützen kann.
Die perinatalen Matrizen im Überblick
- I. Matrix, «Das Amniotische Universum»
- II. Matrix, «Kosmisches Verschlingen und Ausweglosigkeit»
- III. Matrix, «Kampf vor Tod und Wiedergeburt»
- IV. Matrix, «Tod und Wiedergeburt»
Themenbezogene Fragen
- Was sind erweiterte Bewusstseinszustände?
- Wo finde ich Beratung zu ganzheitlichen Verfahren?
- Was ist CranioSacral-Therapie?
- Wie kann ich mich homöopathisch behandeln lassen?
- Kann ich ein Geburtstrauma holistisch behandeln?
- Was ist Holotropes Atmen und wo kann ich es machen?
- Was sind transpersonale Dimensionen des Bewusstseins?
- Wer hat diesen Artikel geschrieben?
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