Was sind die Dimensionen des Bewusstseins nach Stanislav Grof? Das ist ein sehr komplexes Thema und der Erfinder der Technik des Holotropen Atmens hat dazu ein sehr umfangreiches Modell entwickelt. In diesem Artikel möchte ich in die Thematik einleiten und eine Übersicht schaffen. Diese Übersicht wird die Grundlage, um in späteren Abhandlungen auf die therapeutische Signifikanz einzugehen und die Techniken zu ergründen, mithilfe derer man auf diese transpersonalen Bereiche zugreifen kann.
Meiner Erfahrung nach haben sich insbesondere die Methode des Holotropen Atmens und die CranioSacral-Therapie als effektive Werkzeuge erwiesen, in die tieferen Schichten des Bewusstseins vorzudringen, um dort Traumen zu entwerten und damit die daraus entstandenen Blockaden zu neutralisieren. Dazu habe ich eine detaillierte Artikelserie geschrieben, in der dieser Beitrag ein wichtiges Bauteil darstellt. Also steigen wir ein in die Dimensionen des Bewusstseins.
Was sind Bewusstseinsebenen?
Der traditionelle Ansatz
Die traditionelle Therapie benutzt ein Modell der menschlichen Persönlichkeit, das sich auf die Biografie und das von Sigmund Freud beschriebene persönliche Unbewusste beschränkt. Möglicherweise wollte sich J. Upledger, der Erfinder der CranioSacral Therapie (CST), deswegen davon entfernen und prägte den Begriff „Nichtbewusstsein“, da er keinerlei Erklärungen im klassischen Modell für seine aussergewöhnlichen Erfahrungen der Bewusstseinserweiterung und Channelings fand. Dieser Ansatz nach Sigmund Freud mag im Rahmen einer psychoanalytischen Selbsterforschung mithilfe Techniken, die ausschliesslich auf dem verbalen Austausch basieren, angemessen sein.
Jedoch versagt ein solches Modell als Erklärung für die dynamischen Vorgänge bei der Heilung emotionaler und psychosomatischer Störungen. Auch eine tiefgreifende Persönlichkeitstransformation und der Weiterentwicklung des Bewusstseins durch Techniken wie die CST, holotropes Atmen, Meditation, oder bestimmter Selbsterfahrungsmethoden wie zum Beispiel HAKOMI, Gestalttherapie und systemische Familienaufstellung in der modernen Psychotherapie ist bei den traditionellen und psychofarmazeutischen Ansätzen nur schwer, wenn überhaupt zu erreichen.
Diese Techniken aktivieren und mobilisieren tief unbewusste und über bewusste Ebenen der menschlichen Psyche und erfordern zu ihrem Verständnis einen sehr viel weiter gefassten theoretischen Rahmen. Ich bin darauf bereits in meinem letzten Artikel umfassend eingegangen und werde in der Serie immer wieder darauf zurückkommen.
Ebenen aus holotroper Sicht
Die Techniken, die den Weg zu Erfahrungen der unbewussten Dimensionen des Bewusstseins ebnen, aktivieren anfangs in der Regel die Sinnesorgane. Als Folge davon beginnt überwiegend eine tiefgehende Selbsterforschung mit verschiedenartigen unspezifischen Sinneserfahrungen, etwa mit Visionen von Farben und Mustern, Wahrnehmung von Geräuschen, Berührungsempfindungen an verschiedenen Teilen des Körpers, Geschmacks- oder Geruchssensationen. All diese Sinneserfahrungen sind mehr oder weniger abstrakter Natur.
Der nächste, am leichtesten erreichbare Bereich auf diesem Weg ist gewöhnlich die analytisch-biografische Ebene und das persönliche Unbewusste (Nicht bewusste). Diese Phänomene sind von erheblicher theoretischer und praktischer Bedeutung. Sie werden durch die meisten traditionellen psychotherapeutischen Ansätze die psychodynamischen Zusammenhänge im biografischen Bereich erörtert.
Diese Erfahrungen beschränken sich auf bedeutsame Ereignisse und Umstände aus dem Leben der Person von ihrer Geburt bis zur Gegenwart. Auf dieser Ebene der Selbsterforschung kann irgendetwas aus ihrem Leben, ein ungelöster Konflikt, eine noch zu integrierende verdrängte Erinnerung oder eine unvollständige psychologische Gestalt aus dem Unbewussten auftauchen und zum Inhalt der Erfahrung werden.
Konflikt und Trauma
Es gibt nur eine Bedingung, damit dieses geschieht: Der betreffende Inhalt muss genügend stark emotional besetzt sein. Hierin liegt ein grosser Vorteil von Selbsterfahrungstherapien gegenüber rein verbalen Ansätzen. Die Techniken, die das Unbewusste direkt zu aktivieren vermögen, scheinen selektiv das in emotionaler Hinsicht bedeutsamste Material zu verstärken und dessen Bewusstwerdung zu erleichtern.
Wie Radarstrahlen tasten sie, wie auch bei der Bogentechnik der CranioSacral Therapie das gesamte System ab und entdecken das Material mit der stärksten energetischen, oder emotionalen Ladung und Bedeutung, die Energiezyste. Auf diese Weise braucht der Therapeut oder die Therapeutin nicht erst zu entscheiden, was relevant und was irrelevant ist. Das entscheidet die „innere Weisheit“ des Klienten selbst. Weiter gilt, dass bei der erfahrungsorientierten Selbsterforschung das biografische Material nicht aufgerufen oder rekonstruiert wird, sondern unter Umständen voll und ganz wieder erlebt wird. Dabei stellen sich nicht nur Gefühle ein, sondern auch Körperempfindungen, visuelle und andere lebhafte Wahrnehmungen. In der Regel geht all dies einher mit einer vollständigen Regression bis zu der Entwicklungsstufe, in der diese Ereignisse tatsächlich stattfanden.
Ein anderes wichtiges Merkmal:
In der traditionellen Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie konzentriert man sich ausschliesslich auf psychische Traumen. Körperlichen Traumata wird ein direkter Einfluss auf die psychologische Entwicklung und eine Beteiligung am Entstehen emotionaler sowie psychosomatischer Störungen abgesprochen.
Die traditionelle Psychotherapie steht im Gegensatz zu den Beobachtungen bei erfahrungsorientierten Therapieformen, wie auch bei der CST, nach denen Erinnerungen an körperliche Traumata, oder eben starke Erfahrungen physischer und dadurch auch emotionaler Natur wichtiger, als alles andere zu sein scheinen.
In verschiedenen Selbsterfahrungstherapien ist das Wiedererleben lebensbedrohlicher Situationen wie Krankheiten, Verletzungen und Operationen oder etwa von Situationen, in denen man z. B. beinahe ertrunken, also gestorben wäre, extrem häufig. Die Bedeutung solcher Erlebnisse übersteigt zweifellos bei weitem die der gewöhnlichen psychischen Traumata.
Man kann natürlich auch eine Wechselwirkung zwischen beiden Ebenen erkennen, bliebt nur die Frage, was zuerst da war — Henne oder Ei, bzw. emotionales Trauma oder physische Somatisierung? Das Thema Symptomsprache, nach der alle körperlichen Manifestationen, auf einem psychischen Konflikt beruhen, braucht jedoch eine ganz eigene Serie von Artikeln.
Die Emotionen und Körperempfindungen, die aus Situationen, in denen das Überleben oder die Unversehrtheit des Organismus bedroht war, sind übriggeblieben. So scheinen diese eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung verschiedener psychopathologischer Formen zu spielen. Ein Zusammenhang, der bisher von der akademischen Wissenschaft noch nicht erkannt wurde.
„Die Beobachtungen im Rahmen von Selbsterfahrungstherapien machen deutlich, dass jeder psychotherapeutische Ansatz, der sich auf verbalen Austausch beschränkt, von begrenztem Wert ist und nicht wirklich zum Kern der Probleme vordringen kann.“
Stanislav Grof
Weiterführung der Dimensionen des Bewusstseins
Grofs Modelle der Perinatalen Matrizen
Stanislav Grof hat in seiner Arbeit im Kontext des Holotropen Atmens erkannt, dass das erste und äusserst bestimmende traumatische Ereignis der Biografie des Lebens zumeist die Geburt selbst ist. Jedoch kann die Erfahrung vom Verstand des Kindes noch nicht konzeptualisiert, aber dennoch extrem stark empfunden werden. Das Geburtstrauma rückt damit ins Unbewusste und wird zunächst verdrängt, da es in dieser Phase nicht bearbeitet werden kann. Allerdings kann diese Extremerfahrung nachhaltige Prägungen und psychologische Muster und gar Blockaden erzeugen, die das Leben eines Menschen bis zum Ende bestimmen können.
Grof erkannte durch die Beobachtung wiederholender Muster bei seinen Klienten vier signifikante Stadien der Geburtserfahrung, die er perinatale Matrizen nennt. Jede Phase kann eine individuelle Prägung im Individuum hinterlassen, wenn sie durch Komplikationen zu einem traumatischen Ereignis wird.
Überblick der Matrizen
Wenn wir auf die Dimensionen des Bewusstseins im Detail eingehen möchten, wird das den Rahmen dieses Beitrags sprengen – Grof hat zahlreiche Bücher dazu geschrieben –, aber in meinen Folgeartikeln werde ich auf die wichtigsten Aspekte komprimiert und dennoch verständlich eingehen. Hier ist die Übersicht über die perinatalen Matrizen:
- Grundlagen der Perinatalen Matrizen
- I. Matrix, „Das Amniotische Universum“
- II. Matrix, „Kosmisches Verschlingen und Ausweglosigkeit“
- III. Matrix, „Kampf vor Tod und Wiedergeburt“
- IV. Matrix, „Tod und Wiedergeburt“
Themenrelevante Fragen
- Was sind erweiterte Bewusstseinszustände?
- Wo finde ich Beratung zu ganzheitlichen Verfahren?
- Was ist CranioSacral-Therapie?
- Wie kann ich mich homöopathisch behandeln lassen?
- Kann ich ein Geburtstrauma holistisch behandeln?
- Was ist Holotropes Atmen und wo kann ich es machen?
- Was sind transpersonale Dimensionen des Bewusstseins?
- Wer hat diesen Artikel geschrieben?
Weiter zum Folgeartikel >
0 Comments